Für rund 1,9 Milliarden Franken beschafft die SBB bei Alstom (früher Bombardier) 62 Doppelstockzüge für den Fernverkehr. Die neuen Züge «FV-Dosto» bilden künftig die grösste Flotte der SBB. Sie sorgen mit bis zu 1300 Sitzplätzen auf bis zu 400 Metern Länge für mehr Kapazität.
Die Triebzüge FV-Dosto können dem Passagieraufkommen flexibel angepasst werden: So stehen für Verkehrsspitzen in Doppeltraktion rund 10% mehr Sitzplätze als bei den heutigen, längsten Doppelstock-Kompositionen zur Verfügung. In Nebenverkehrszeiten können die Züge wieder getrennt werden. Dadurch werden unnötige Leerfahrten vermieden und damit Energie und Kosten gespart.
Fragen und Antworten.
Die Anzahl Züge, die die SBB in Betrieb genommen hat, sind am Ende dieser Website bei den aktuellen Zahlen ersichtlich.
Auf folgenden Strecken ist der FV-Dosto unterwegs:
IR13/37 und dem IC3 zwischen Basel, Zürich, St. Gallen und Chur
IC1 zwischen Genf und St. Gallen
IC2/IC21 zwischen Basel / Zürich und Lugano
RE Zürich–Aarau
RE Zürich–Schaffhausen
«Die SBB müsse sicherstellen, dass sämtliche Rampen im Ein- und Ausstiegsbereich der neuen Fernverkehrs-Doppelstockzüge (FV-Dosto) eine maximale Neigung von 15 % aufweisen. Darüber hinaus muss das Bundesamt für Verkehr (BAV) abklären, ob der Ein- und Ausstieg von mobilitätsbehinderten Menschen mit Bezug auf die Abfolge der beanstandeten Gestaltungselemente insgesamt autonom und sicher genutzt werden kann.»
Alle Rampen im Ein- und Ausstiegsbereich des Fernverkehrs-Doppelstockzuges (FV-Dosto) weisen bereits heute eine maximale Neigung von 15 Prozent auf. Damit erfüllt die SBB die Auflage des Urteil des Bundesgerichts vom 22.12.2021. Die SBB begrüsst, dass das Bundesgericht die acht weiteren Punkte abgelehnt hat. Sie unterstützt das BAV vollumfänglich bei der Klärung der offenen Punkte, die im Urteil formuliert wurden. Die FV-Dosto verkehren weiterhin wie bisher.
Historie:
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hatte mit seinem Entscheid vom 20. November 2018 bestätigt, dass der neue Zug die massgebenden Normen und die Vorgaben des Behindertengleichstellungsrechts erfüllt.
Im Auftrag des BAV hat die SBB die Neigung der Einstiegsrampen von drei Zügen (IC200, IR200, IR100) durch unabhängige Experten messen lassen. Die Neigungen der Einstiegsrampen lagen im Durchschnitt über alle drei Züge bei 14.8%. 69 von 76 Rampen waren korrekt. Bei sieben Rampen gab es kleine Überschreitungen, was gemäss Bombardier den Fertigungstoleranzen zuzuschreiben ist. Bei zwei markierten Rollstuhleingängen betrugen die Abweichungen 0,1 und 0,3%, was bei einer Rampenlänge von 785 mm eine Differenz von 0,8 mm bzw. 2,4 mm bedeutet.
Alle Rampen der bereits produzierten Züge werden kontrolliert und wenn nötig angepasst. Zudem wird Alstom bei der Produktion der weiteren Fahrzeuge sicherstellen, dass die Normen eingehalten werden.
Die Behindertentauglichkeit des FV-Dosto ist im internationalen Vergleich vorbildlich. Für Kundinnen und Kunden im Rollstuhl bestehen insbesondere folgende Vorkehrungen: Niederflureinstiege über den ganzen Zug, mindestens drei Rollstuhlplätze mit Zugang zum rollstuhlgängigen WC, je nach Fahrzeugtyp bis zu fünf weitere Möglichkeiten für Rollstuhlfahrende im Multifunktionsabteil (Zone im Abteil mit aufklappbaren Sitzen) Platz zu finden, einen Catering-Service am Platz.
Den Anliegen der Behindertenorganisationen wurden seitens SBB über das gesetzlich geforderte Mass hinaus Rechnung getragen. Die SBB hat beispielsweise zusätzliche Rollstuhlzonen geschaffen und den autonomen Zugang zum Speisewagen sichergestellt, obwohl sie dazu nicht verpflichtet gewesen wäre.
Seit Beginn des Projekts findet eine aktive Abstimmung mit den Behindertenorganisationen statt. Bereits 2011 haben die Organisationen das 1:1 Holzmodell (Maquette) des Zuges besichtigt bzw. mit dem Rollstuhl befahren und kommentiert. Im 1:1-Modell war die Rampensituation identisch zu der heutigen Ausführung in den Fahrzeugen und entsprechend der zu Projektbeginn 2010 und heute geltenden Normen dargestellt. Die SBB hat auf Antrag der Organisationen zahlreiche Verbesserungen für Behinderte aufgenommen und umgesetzt. Die noch verbliebenen Differenzen – nicht aber die nun kritisierte Rampensituation – bildeten im Jahr 2011 Gegenstand einer Verbandsbeschwerde. Das Verfahren wurde vom Bundesgericht im Jahr 2013 zugunsten der SBB entschieden. Pflichtenheft und Typenskizzen wurden damals rechtskräftig festgesetzt.
Ein Teil der Verzögerung ist auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zurückzuführen. Dieses verpflichtet die SBB, ein zusätzliches Behindertenabteil samt rollstuhlgängiger Toilette in dem an den Speisewagen angrenzenden Wagen vorzusehen. Die SBB legte beim Bundesgericht Beschwerde gegen das Urteil ein, um Rechtssicherheit für künftige Beschaffungsprojekte zu erlangen. Das Bundesgericht gab der SBB recht.
Unsere Kundinnen und Kunden sind aufgrund der entstandenen Verzögerung bereits länger als geplant mit bestehendem Rollmaterial unterwegs (z.B. IC2000 anstatt FV-Dosto, EW IV/EC/Bpm51 anstatt IC2000 etc.).
Wie bei solchen Beschaffungen üblich, hat die SBB mit Bombardier für Mehraufwände aufgrund verspäteter Lieferungen Strafzahlungen vereinbart. Diese sind an klar definierte Kriterien geknüpft.
Die Parteien haben über die genauen Inhalte des Werkliefervertrags Stillschweigen vereinbart.
Die SBB äussert sich nicht zu einzelnen Fragen betreffend die Verträge mit Lieferanten, weil diese Punkte der Vertraulichkeit unterliegen und die SBB anderenfalls vertragsbrüchig würde.
Die SBB steht mit den zuständigen Stellen des Bundes in Kontakt.
Die Finanzierung des Fernverkehr-Rollmaterials erfolgt aus dem laufenden Geschäft der SBB.
SBB und Bombardier haben sich im November 2014 auf eine neue Lieferplanung verständigt. Hierfür hat die SBB drei zusätzliche Züge sowie Ersatzmaterial erhalten.
Der SBB sind durch die Verzögerung Mehrkosten entstanden, zum Beispiel für Massnahmen zur Verlängerung der Einsatzdauer von bestehendem Rollmaterial (Bpm 51). Diese werden durch Konventionalstrafen gedeckt. Über die Höhe haben die Parteien Stillschweigen vereinbart.
Ein Grossteil der Zahlungen erfolgt erst bei vertragskonformer Lieferung der Züge.
Bis 1300 Sitzplätze und 400 Meter lang in Doppelkomposition (im Vergleich zu einem IC2000 mit zusätzlichen Wagen bietet der FV-Dosto rund 10% mehr Sitzplätze).
Steckdosen an allen Sitzplätzen in der 1. und 2. Klasse.
Handyrepeater fürs Telefonieren und Internetzugang.
Attraktiver Familienwagen und modernes Restaurant in den IC-Fahrzeugen
Helle und geräumige WCs. In den rollstuhlgängigen WCs und beim Familienwagen mit Wickeltisch.
Modernes Kundeninformationssystem.
Videoüberwachung und Notrufsystem zur Sicherheit der Reisenden.
Druckertüchtigung: geringere Druckwellen und weniger Ohrendruck u.a. in Tunnels.
Die Wankkompensation hat drei Funktionen: Ermöglicht das schnelle Fahren in Kurven mit einem Doppelstockzug, sie dient der Seitenwindkontrolle und dem Fahrkomfort. Die Seitenwindkontrolle ist wie geplant im Einsatz. Beim Fahrkomfort will die SBB gemeinsam mit dem Hersteller Alstom weitere Verbesserungen erzielen. Sie hat sich Ende Juni 2022 entschieden, auf das schnelle Fahren in Kurven zu verzichten.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich gezeigt: Techniken für Nischenmärkte und hoch komplexe Eigenanfertigungen wie die Wankkompensation für das bogenschnelle Fahren sind zwar technisch umsetzbar. Sie sind allerdings vergleichsweise fehleranfällig, aufwändiger im Unterhalt und damit nicht zukunftsfähig. Bei Testfahrten mit dem FV-Dosto wurde ausserdem deutlich, dass der Fahrkomfort beim bogenschnellen Fahren weder für die Kundinnen und Kunden noch für die SBB zufriedenstellend wäre.
Deshalb wird die SBB künftig und gemäss ihrer aktuellen Flottenstrategie auf bewährte Züge setzen. Damit ist eine grössere Flexibilität und Zuverlässigkeit im Bahnbetrieb möglich: Fällt ein FV-Dosto aus, kann ein anderer Zugstyp eingesetzt werden, ohne dass sich die Reisezeit dadurch verlängert.
Der Verzicht eröffnet die Möglichkeit, den Fahrkomfort des FV-Dosto weiter zu verbessern. Die SBB hat Alstom beauftragt zu prüfen, wie der Fahrkomfort weiterentwickelt werden kann und eine entsprechende Machbarkeitsprüfung ausgelöst.
Die SBB verfolgt das Ziel von Fahrzeitverkürzungen und Fahrplanstabilität dezidiert weiter. Für die Strecke Lausanne–Bern steht eine Neubaustrecke im Vordergrund. Dafür ist eine vom Bund beauftragte Studie bis voraussichtlich Herbst 2022 in Erarbeitung. Für die Strecke Winterthur–St. Margrethen wird sich die SBB beim Bund für die Erarbeitung einer entsprechenden Studie einsetzen.
Bisherige Meilensteine.
Vergabe, 12. Mai 2010: Die SBB löst die grösste Rollmaterialbestellung ihrer Geschichte an Bombardier-Transportation aus: Den Auftrag für 59 Doppelstockzüge für den Fernverkehr, davon 50 Kompositionen à 200 Meter und 9 Kompositionen à 100 Meter Länge. Das Auftragsvolumen beträgt rund 1,9 Milliarden Franken. Dem Entscheid ging ein aufwändiges Ausschreibungsverfahren nach internationalen Verträgen und Schweizer Gesetzgebung voraus.
Maquettenphase (erstes Halbjahr 2011): Um den Innenausbau möglichst perfekt auf die Kundenbedürfnisse abzustimmen, haben Bombardier und SBB vorgängig ein 1:1-Holzmodell gebaut. Sämtliche benutzernahen Bereiche des neuen Zuges wurden darin dargestellt.
Verspätung, April 2012: Bombardier und SBB melden zwei Jahre Verzug, zum einen aufgrund von Problemen bei der Konstruktion des Wagenkastens und der aufwändigen Maquettenphase. Zum anderen aufgrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts nach einer Beschwerde von einzelnen Behindertenverbänden. Diese forderten ein zusätzliches Behindertenabteil und einen Lift in den Speisewagen. Zwar gibt das Bundesgericht der SBB nach einem Weiterzug des Urteils Recht, für das Projekt kommt dieser Entscheid aber zu spät.
Neuer Lieferplan, November 2014: Bombardier und SBB einigen sich auf einen neuen Lieferplan. Die Züge sollen ab 2017 in den Einsatz kommen, rund ein weiteres Jahr später als geplant. Bis 2020 soll der Rückstand aufgeholt werden. Der neue Lieferplan ist Teil eines Gesamtpakets, das die offenen Punkte zur bisher entstandenen Verzögerung klärt. Im Rahmen der Vereinbarung akzeptiert die SBB von Bombardier drei zusätzliche, kostenlose Züge sowie Ersatzteile unter der Bedingung, dass die Qualität der Testzüge im Frühling 2015 die Anforderungen der SBB erfüllen.
Testzüge, Mai 2015: Die beiden ersten Testzüge hatten die vereinbarten Anforderungen erfüllt. Seit dann Testfahrten in Velim/Tschechien und auf dem SBB-Netz.
Zulassung Bundesamt für Verkehr, November 2017: Das BAV erteilt eine befristete Betriebsbewilligung für das Schweizer Netz.
Start Einsatz mit Kunden, 26. Februar 2018: Zwischen dem 26. Februar 2018 und dem 28. September 2018 waren die Züge in einer ersten Phase als Interregio auf der Strecke Zürich HB–Bern und/oder der Strecke Zürich HB–Chur mit Fahrgästen unterwegs. Dieser Einsatz erfolgte im Rahmen eines «gelenkten Betriebs» in eingeschränktem Umfang und mit zusätzlichem Zugpersonal sowie ausserhalb der Verkehrsspitzen.
Aufnahme fahrplanmässiger Betrieb, 9. Dezember 2018: Die neuen Züge stehen auf der Linie des IR13/37 zwischen Chur, St. Gallen, Zürich und Basel im fahrplanmässigen Einsatz.
Ausweitung Einsatz im fahrplanmässigen Betrieb, 15. Dezember 2019: Per Fahrplanwechsel am 15.12.2019 werden mehr Fahrzeuge auf den Linien IR13/37, RE Zürich–Chur sowie auf dem IC3 eingesetzt.
Ausweitung Einsatz im fahrplanmässigen Betrieb, 6. Juli 2020: Per 6. Juli 2020 werden mehr Fahrzeuge auf der IC1 Linie zwischen St. Gallen und Genève-Aéroport eingesetzt.
Einsatzgebiet ab 13. Dezember 2020:
1 Umlauf IC3 zwischen Chur und Basel
1 Umläufe RegioExpress zwischen Zürich und Chur
6 Umläufe IC1 zwischen St. Gallen und Genève-Aéroport
8 Umläufe IR13/IR70 zwischen Chur, St. Gallen, Zürich und Basel integral
Ausdehnung des Einsatzes per 5. April 2021:
2 Umläufe IC2 / IC21 zwischen Zürich bzw. Basel und Lugano
7 Umläufe IC1 zwischen St. Gallen und Genève-Aéroport
Erweiterung des Einsatzes per Fahrplanwechsel 12. Dezember 2021:
4 zusätzliche Umläufe IC3 zwischen Chur und Basel
2 zusätzliche Umläufe IC 1 zwischen St. Gallen und Genève-Aéroport