
Sofortmassnahmen Margarethenbrücke.
Die SBB will die Margarethenbrücke mit zusätzlichen Stützenreihen abstützen. Ziel ist, die Einschränkungen für deren Nutzung zu reduzieren.

2022 gab die SBB eine Substanzerhaltungsstudie zur Margarethenbrücke in Auftrag. Auslöser war, dass sie die Planung einer Erneuerung der Brücke angehen wollte und will, in enger Abstimmung mit dem Kanton. Die Studie hatte diesbezüglich zum Ziel, die Restnutzungsdauer der bestehenden Brücke zu eruieren. Im Rahmen einer solchen Studie wird immer auch die Statik überprüft. Dabei erkannten die Fachleute, dass die Tragsicherheit der sogenannten «Gerbergelenke» rechnerisch nach heute geltenden Normen nicht nachgewiesen werden kann. Als Konsequenz musste die SBB per 25. Mai 2023 die Lastbeschränkung verschärfen. Einerseits wurde die Brücke für den Lastwagen- und Busverkehr gesperrt. Andererseits durften sich Trams auf der Hauptbrücke nicht mehr kreuzen. In der Folge berief die SBB eine Expertengruppe ein, um die Ergebnisse der Studie zu validieren. Die Expertengruppe kam am 30. Juni 2023 zum Schluss, dass die Lasteinschränkungen ausgeweitet werden müssen. Deshalb wurde die Brücke noch am selben Abend für den Tramverkehr gesperrt.
Die SBB ist sich bewusst, dass Lasteinschränkung und Tramsperre für alle eine enorme Herausforderung und ein grosses Ärgernis sind. Der Entscheid ist ihr deshalb nicht leicht gefallen. Aber Sicherheit kommt immer zuerst. Die SBB bittet alle Betroffenen um Entschuldigung und setzen alles daran, die Situation rasch zu verbessern.
Was zuvor geschah.
Die Margarethenbrücke wurde in den 90er Jahren zuletzt saniert. Ziel der Sanierung war eine Restlebensdauer von rund 25 Jahren.
2016 löste die SBB eine Kurzstudie aus, inklusive statische Berechnungen. Auslöser für die Kurzstudie waren das Alter der Brücke, kleinere lokale Schäden und die Planungen für den langfristigen Ausbau des Bahnhofs Basel SBB. Hinsichtlich des Ausbaus wollte die SBB in Erfahrung bringen, wie lange die Brücke noch beibehalten werden kann und wie weit sie für die kommenden Jahren instandgesetzt werden muss. Die Kurzstudie ergab, dass die Brücke eine Restlebensdauer Brücke von 35 Jahren hat. Dieses Ergebnis war – im Nachhinein gesehen – eine Fehleinschätzung. Grund dafür war der ungenügende Studienumfang. Bei den statischen Berechnungen wurden nur Teilaspekte berücksichtigt. Seit 2017 werden bei der SBB keine solchen Kurzstudien mehr durchgeführt. Sie sind zu wenig umfassend.
2021 wurde die Margarethenbrücke das letzte Mal einer visuellen Inspektion unterzogen. Solche macht die SBB bei ihren Brücken alle sechs Jahre. Das Resultat war eine Klassifizierung der Brücke in die Zustandsklasse 3 («ausreichend»). Statische Berechnungen waren nicht Teil der visuellen Inspektion. Solche werden nur vorgenommen, wenn sich die Nutzung oder das Bauwerk selbst ändert oder wenn man bedeutende Schäden oder Mängel feststellt.

Die SBB stützt die Margarethenbrücke mit sechs zusätzlichen Stützenreihen im Gleisfeld ab. Eine Reihe besteht aus fünf Stützen.

Je Stützenreihe werden in einem ersten Schritt 20 bis zu 14 Meter lange Mikropfähle ins Gleisfeld eingelassen. Auf diesen errichtet das Bauteam sodann einen Betonsockel. Dieser trägt – als Fundament – die fünf rund fünf Meter hohen, stählernen Stützen. Diese stützen die fünf Längsträger der Brücke ab, genauso wie die bestehenden Pfeilerreihen.


Das Bauteam wird jeweils an zwei bis drei Stützenreihen gleichzeitig arbeiten, mehrheitlich nachts und an Wochenenden. Zusätzliche Fahrplanänderungen im Personenverkehr sind darum gemäss aktueller Planung nicht nötig. Grundsätzlich werden die Arbeiten unter der Brücke ausgeführt. Zusätzliche Verkehrseinschränkungen auf der Brücke wird es deshalb nicht geben. Auf dem westlichen Trottoir kann es jedoch kurzzeitig und punktuell etwas enger werden. Auf dieser Seite wird das Bauteam die Baustelle mit Wasser und Strom versorgen und kleinere Zu- und Ablieferungen vornehmen.
Parallel zu den Stützenreihen erarbeitet die SBB ein Sensoren-basiertes Überwachungskonzept für die Brücke. Dieses will sie noch 2023 dem Bundesamt für Verkehr (BAV) zur Prüfung vorlegen und – sobald genehmigt – die technischen Vorrichtungen installieren.
Sobald die Stützenreihen erstellt und das Überwachungssystem installiert sind, verfügt die SBB über die nötige Grundlage, um die Einschränkungen zu reduzieren. Dies soll spätestens Ende März 2024 der Fall sein.
- Minimalziel der Sofortmassnahmen ist, dass zumindest die Trams die Brücke wieder nutzen können, wenn auch mit einem Kreuzungsverbot. Für Lastwagen- und Busverkehr bliebe beim Minimalziel die Brücke weiterhin gesperrt. Die Ende Mai eingeführte Lastbeschränkung für den motorisierten Verkehr (3,5 Tonnen anstelle von 28 Tonnen) bestünde weiterhin.
- Maximalziel der Sofortmassnahme ist, dass der Lastwagen-, Bus- und Tramverkehr die Brücke wie vor Ende Mai 2023 nutzen kann.
Ob das Minimal- oder Maximalziel erreicht wird, richtet sich nach den noch laufenden Berechnungen sowie der noch folgenden Bewilligung des Bundeamtes für Verkehr.

Verschiebung Inbetriebnahmeprognose.
Im Mai 2023 plante die SBB aufgrund der Resultate der Substanzerhaltungsstudie Stützenreihen, welche die Brücke bei einer Absenkung auffangen. Zwischen den Stützenreihen und der Brücke hätte ein Abstand von ca. einem halben Zentimeter bestanden. Damals kommunizierte die SBB, dass es ihr Ziel sei, diese Stützenreihen bis im Herbst 2023 zu realisieren. Nach dem Resultat der Validierung durch die Expertengruppe Ende Juni stiegen jedoch die Anforderungen an die Sofortmassnahmen. Neu sind nicht mehr auffangende sondern stützende Stützenreihen nötig. Diese sogenannt «kraftschlüssigen» Stützenreihen bringen neue Kräfte in die Brücke. Das ergibt andere statische Rahmenbedingungen. Diese müssen aufwändig berechnet werden. Entsprechend musste die SBB die Terminprognose revidieren.
Die aktuelle Kostenprognose für die Stützenreihen beträgt rund 2,5 Millionen Franken, finanziert via der Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB. Wegen der Lasteinschränkung entstehen zudem zusätzliche Kosten, beispielsweise für Verkehrswachen, Signalisierung und Tramverkehr. Hier ist die SBB zuversichtlich, eine einvernehmliche Lösung mit BVB, BLT und dem Bau- und Verkehrsdepartement zu finden und ist mit diesen dazu im Kontakt. Selbstverständlich übernimmt die SBB die Schäden, die ihr aufgrund der rechtlichen Ausgangslage zuzurechnen sind.
Dies waren und sind die wichtigsten Meilensteine bei der Ausarbeitung der Sofortmassnahmen:
Wann |
Was |
---|---|
Mai 2023 |
Beginn der Planung für die auffangenden Stützenreihen. Ziel Inbetriebnahme «Herbst 2023» |
30. Juni 2023 |
Neue Anforderungen an Stützenreihen aufgrund des Expertenberichts. Planung und Berechnung von stützenden Stützenreihen |
4. August 2023 |
Ausschreibungsunterlagen für die Arbeiten an die Unternehmer versandt |
11. August 2023 |
Begehung vor Ort mit drei Unternehmen |
bis 31. August 2023 |
Eintreffen der Angebote der Unternehmen |
6. September 2023 |
Vergabe Bauauftrag |
12. September 2023 |
Start Vorarbeiten (Einrichten Installationsplatz auf Bahnhofnordseite, Arbeiten an Fahrleitung unter Brücke) |
18. September 2023 |
Start Hauptarbeiten und Vorarbeiten Sensoren-basiertes Überwachungssystem |
Bis Ende 2023 |
Einreichen Sensoren-basiertes Überwachungskonzept an BAV |
Frühjahr 2024 |
Genehmigung und Installation Sensoren-basiertes Überwachungssystem |
Spätestens bis Ende März 2024 |
Abschluss Einbau der Stützenreihen und Überwachungssystem |
Bauarbeiten tagsüber sind grundsätzlich effizienter und kostengünstiger. Nachtarbeiten führt die SBB darum nur aus, wenn der Arbeitsbereich den fahrenden Zügen oder der Fahrleitung zu nahekommt. Dann muss die SBB aus Sicherheitsgründen Gleise sperren und Fahrleitungsabschnitte ausschalten. In der verkehrs- und passagierärmeren Nachtzeit haben diese Massnahmen deutlich geringere Auswirkungen auf die Reisenden. Deshalb sind auch für die Abstützung der Margarethenbrücke Nachtarbeiten nötig.
Wann genau Nachtarbeiten für die Margarethenbrücke ausgeführt werden, haben wir auf der folgenden Seite vermerkt, zusammen mit den Nachtarbeiten für die Projekte Leistungssteigerung Basel SBB, provisorische Passerelle und Peter Merian-Brücke:
Weitere Infos zu Nachtarbeiten und laute Arbeiten.Auf folgender Webseite finden Sie Anwohnerschreiben und Lärminserate aller aktuell laufenden Bauarbeiten der SBB und können einen regionalen Newsletter abonnieren:
Weitere Infos zu den SBB BauarbeitenWeitere, mittelfristige Sanierungsmassnamen.
Neben der Umsetzung der zusätzlichen Stützenreihen prüft die SBB, ob mittelfristig weitere Sanierungsmassnahmen möglich sind. Diese sollen einerseits eine uneingeschränkte Nutzung der bestehenden Brücke zum Ziel haben und andererseits einen Rückbau der Stützenreihen ermöglichen. Geprüft wird deshalb aktuell beispielsweise eine Verstärkung der Gerbergelenke. Eine weitere Massnahme, welche die SBB prüft, ist die temporäre Hilfsbrücke vorzuziehen. Diese wird für den Neubau der Margarethenbrücke nötig sein. Entscheide bezüglich dieser mittelfristigen Massnahmen sind noch keine gefallen.
Neubau Margarethenbrücke.
Noch offen ist, wann die Margarethenbrücke ersetzt werden kann. Ein Ersatzbau muss einerseits gemäss den künftigen Anforderungen des langfristigen Bahnausbaus geplant werden. Andererseits möchte der Kanton Basel-Stadt die neue Brücke für den Tram-, Velo- und Fussverkehr optimieren. Die neue Margarethenbrücke befindet sich daher aktuell in der sehr frühen Planungsphase «Vorstudie». Zudem sind die Finanzierung des Ersatzbaus und die Finanzierung der zusätzlichen Anforderungen des Kantons noch offen.
Die Planung der neuen Margarethenbrücke wird zudem eng mit dem Projekt «Perronzugang Margarethen» abgestimmt. Ziel ist, die beiden Projekte wenn immer möglich gemeinsam zu realisieren. Der Perronzugang Margarethen ist eine 15 Meter breite, statisch von der Margarethenbrücke unabhängige Fussverkehrsbrücke mit Zugang zu allen Perrons. Sie wird auf der Ostseite der Margarethenbrücke liegen und direkt an diese angrenzen. Für dieses Projekt hat der Bund im November 2022 den Auftrag für die Planungsphase «Vorprojekt» erteilt. Planung und Umsetzung sind über den Ausbauschritt 2035 des Bundes finanziert.
Weitere Informationen zum Perronzugang Margarethen finden Sie auf dieser Webseite, auf der Unterseite hierWeshalb wurde die Lastenbeschränkung für den motorisierten Verkehr auf 3,5 Tonnen begrenzt und nicht zum Beispiel auf 4 Tonnen?
Die Lastenbeschränkung wurde auf 3,5 Tonnen festgelegt, weil die statischen Berechnungen sowie die nachträglichen Beurteilungen für schwerere Gewichtskategorien keine sichere Brückenquerung garantieren. Bei 3,5 Tonnen handelt es sich um einen standardisierten Grenzwert für Fahrzeuge, welche mit einem Führerschein der Klasse B gelenkt werden dürfen.
Für Autos ist die Brücke noch offen. Besteht nicht Gefahr, dass die Last zu gross wird, wenn sich Autos auf der Brücke stauen?
Nein, für die Tragfähigkeit der Gerbergelenke ist nicht die Gesamtlast auf der Brücke, sondern ausschliesslich die Last direkt über den Gerbergelenken relevant. Die Last eines Autos können die Gerbergelenke aufnehmen.
Was sind Gerbergelenke?
Die Gerbergelenke stellen die Verbindungen der Brückenträger dar, siehe in der ersten Grafik im Klapptext «Projektinhalt und Ziele» auf dieser Webseite. Dabei handelt es sich um eine für Brücken dieses Typs heute als veraltet geltende Konstruktion. Bei dieser sind einzelne Träger nur bei den benachbarten Trägern eingehängt, jedoch selbst nicht auf eigenen Stützen aufliegend. Bei der Margarethenbrücke wurden sie im Lauf der Zeit einbetoniert.
Wie werden die Sofortmassnahmen, beziehungsweise die zusätzlichen Stützenreihen finanziert?
Die zusätzlichen Stützenreihen für die Margarethenbrücke werden via Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB finanziert.
Wem werden die Kosten für Verkehrswachen, Signalisierung und Tramverkehr verrechnet?
Zwischen SBB, BVB, BLT und Bau- und Verkehrsdepartement wurde vereinbart, dass jede Partei ihre Folgekosten erfasst und man sich zu einem gegebenen Zeitpunkt über die Zuordnung der Kosten einigt. Die SBB ist diesbezüglich mit BVB, BLT und Bau- und Verkehrsdepartement in Kontakt. Selbstverständlich übernimmt die SBB die Schäden, die ihr aufgrund der rechtlichen Ausgangslage zuzurechnen sind. Sie ist zuversichtlich, dass für die Kostenfrage eine einvernehmliche Lösung gefunden wird.
Wie überprüft die SBB den Zustand ihrer Brücken?
Brücken im Schienennetz der SBB werden alle sechs Jahre einer Hauptinspektion unterzogen. Das Ergebnis ist ein ausführliches Inspektionsprotokoll, eine visuelle Zustandsbewertung und die Zuteilung in die Zustandsklassen 1 bis 5 nach dem «Regelwerk Technik Eisenbahn 29900»: 1 = neuwertig, 2 = gut, 3 = ausreichend, 4 = schlecht, 5 = ungenügend.
Dadurch können kurzfristig auftretende Veränderungen analysiert werden. Die Inspektion erfolgt visuell. Partiell werden Brücken bei einem sich schneller verschlechterndem Zustand auch in kürzeren Abständen inspiziert. Damit stellt die SBB sicher, dass bei neuen Erkenntnissen kurzfristig reagiert werden kann.
Die Überprüfung der Statik hat gemäss Norm des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) bei Veränderungen des Bauwerks, relevanten Veränderungen des Zustands oder bei einer Veränderung der Nutzung des Bauwerks zu erfolgen. Um die Tragsicherheit zu beurteilen, wird eine Tragwerkanalyse gemacht und Sicherheitsnachweise durchgeführt. Die Tagwerksanalyse erfolgt anhand von Berechnungen durch die Ingenieurinnen und Ingenieure. Die Berechnungen können gegebenenfalls durch Computermodelle ergänzt werden.
Der bauliche Zustand der Margarethenbrücke ist «annehmbar», die Tragsicherheit aber offenbar nicht. Wie geht das?
Das eine ist ein Ergebnis einer visuellen Inspektion aus dem Jahr 2021. Das andere ist ein Ergebnis von statischen Berechnungen gemäss aktuellen Normen. Diese Berechnungen wurden im Rahmen der Substanzerhaltungsstudie vorgenommen, welche die SBB 2022 in Auftrag gegeben hat.