Bis zum Bau des Etzelwerks im Jahr 1937 war die Minster weitgehend unverbaut und schlängelte sich durch die Landschaft, bis sie im Gebiet Schachen in die Sihl mündete. In ihrem natürlichen Zustand war die Minster deutlich breiter als heute. Sie bildete Kiesbänke und Inseln und war Lebensraum für viele einheimische Tier- und Pflanzenarten. Mit dem Bau des Etzelwerks wurde die Minster begradigt, kanalisiert und direkt in den Sihlsee geführt.
So erging es vielen Flüssen in der Schweiz: Für den Schutz vor Hochwasser und um Land zu gewinnen wurden im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast alle Flüsse begradigt und verbaut. Heute zeigt sich: Das Nachsehen hatte die Natur. Das reichhaltige Mosaik an Lebensräumen, die natürliche Flüsse bieten, wurde durch die Eingriffe zerstört. Viele Arten, die Gewässer als ihren Lebensraum nutzen, sind heute gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Eine intakte Biodiversität ist jedoch zentral für uns Menschen. Unter anderem weil sonst im Wasser geschlüpfte Insekten fehlen, die Nutzpflanzen bestäuben.
Gesetzliche Verpflichtung zur naturnahen Flussgestaltung.
Die Forderung, die künstlichen Gewässer wieder natürlicher zu machen, kommt von der Bevölkerung. Der Schweizerische Fischerei-Verband reichte 2006 die Volksinitiative «Lebendiges Wasser» ein. Als direkten Gegenvorschlag zur Initiative hat das Bundesparlament im Jahr 2010 das Gewässerschutzgesetz revidiert, um die Gewässer besser zu schützen. Der Bund verpflichtet die Kantone damit, einen Teil ihrer verbauten Gewässer zu revitalisieren, also wieder naturnaher zu gestalten. Das ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Biodiversität, denn natürliche Flüsse mit ihren natürlichen Uferbereichen sind die artenreichsten Lebensräume, die wir in der Schweiz kennen. Sie beherbergen rund 40 Prozent der heimischen Pflanzenarten und über 80 Prozent aller Tierarten, die in der Schweiz vorkommen.
Kantonal sind Revitalisierungen im Wasserrechtsgesetz und in der Revitalisierungsplanung resp. dem Handlungsbedarf verankert. Mit der Anpassung der kantonalen Richtplanung 2022 wird das Revitalisierungsprojekt an der Minster festgesetzt und die Umsetzung priorisiert. Der Nutzen für Natur und Landschaft im Verhältnis zum voraussichtlichen Aufwand ist bei der Minster als hoch eingestuft. Zuständig für die Umsetzung der Revitalisierungen sind im Kanton Schwyz die Bezirke.
Hochwasserschutz heute: revitalisieren statt verbauen.
Die ökologischen Folgen der Kanalisierungen haben auch im Hochwasserschutz zu einem Umdenken geführt. Eine reine Sanierung der gesamten, bisherigen Verbauungen ist nicht mehr mit dem geltenden Wasserbaugesetz vereinbar. Wo immer möglich, muss der Hochwasserschutz heute ökologisch verträglich sichergestellt werden und das heisst: revitalisieren statt verbauen. Denn naturnahe Flüsse sind nicht nur besser für die Natur, sie schützen auch auf natürliche Weise vor Hochwasser, weil sie über eine höhere Abflusskapazität verfügen.
Defizite in und an der Minster heute:
Ökologie.
Heute ist die Minster kein guter Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Der Fischbestand ist sehr tief und auch naturnahe Uferbereiche mit gewässertypischem Bewuchs fehlen. Zudem stellt die Minster mit ihren Uferverbauungen für viele Tiere eine unüberwindbare Barriere dar, die eine Vernetzung der wertvollen Naturgebiete in der Region verhindert.
Hochwasserschutz.
Vor extremen Hochwassern bietet die Minster heute nicht mehr genügend Schutz. Vor allem der Weiler Rüti / Schwyzergatter ist überschwemmungsgefährdet. Zudem sind die fast 100-jährigen Ufer- und Flussbettverbauungen am Ende ihrer Lebensdauer angekommen. Wird nichts unternommen, ist auch der Schutz vor einem durchschnittlichen Hochwasser an der Minster nicht mehr gewährleistet.