Die SBB nimmt bei der Kreislaufwirtschaft eine Vorreiterrolle ein und unterstützt damit die Transformation der Schweiz zu einer nachhaltigen Gesellschaft und Wirtschaft.
Ein Grossteil der weltweit produzierten industriellen Güter wird aus nicht-erneuerbaren Rohstoffen hergestellt und nach der Nutzung meist rezykliert, deponiert oder verbrannt. Somit wird ein erheblicher Teil an Rohstoffen unwiederbringlich zerstört. Die Kreislaufwirtschaft hingegen nimmt den Stoffkreislauf der Natur zum Vorbild und zielt darauf ab, Produkte ohne schädliche Emissionen zu erzeugen, Produkte so lange wie möglich zu nutzen und die Rohstoffe aus den nicht mehr nutzbaren Produkten wieder zu gewinnen, um sie unendlich viele Male weiter zu verwenden. Darum ist Kreislaufwirtschaft weit mehr als Recycling: Sie ist ein Wirtschaftsmodell, welches den Rohstoffverbrauch senkt sowie die natürlichen Ressourcen schont und deren Regeneration unterstützt.
Die SBB ist eine der grössten Auftraggeberinnen der Schweiz mit jährlichen Beschaffungen in der Höhe von CHF 6 Mrd. und verursacht dadurch wesentliche Material- und Energieverbräuche. Eine durchgeführte Materialflussanalyse unterstreicht die Bedeutung von Kreislaufwirtschaft für die SBB. Die SBB besitzt mit über 77 Mio. Tonnen Material eine der grössten Materialbanken der Schweiz. Der durch die Aktivitäten der SBB entstehende Materialfluss hat erhebliche Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Durch Kreislaufwirtschaft lässt sich ein Grossteil dieses Materialflusses vermeiden und die daraus resultierenden Umweltauswirkungen massiv reduzieren. Daher ist die SBB prädestiniert, eine führende Rolle in der Kreislaufwirtschaft zu übernehmen.
Seit Januar 2021 führt die SBB ein interdivisionäres Kompetenzzentrum zur Thematik der Kreislaufwirtschaft. Das Team setzt eine breite Palette an Projekten um, unterstützt bei der Initiierung und Entwicklung zirkulärer Geschäftsmodelle, baut Knowhow konzernweit auf und arbeitet, wo sinnvoll, eng mit dem Kompetenzzentrum Entsorgung und dem hauseigenen Recyclingcenter Wertstoffe zusammen. Auf der Grundlage der konzernweiten Materialflussanalyse werden die Chancen und Potenziale systematisch adressiert, ökonomisch und ökologisch beziffert und in den nächsten Jahren gezielt realisiert.
Wie kann der Weg zu einer Kreislaufwirtschaft aussehen?
Mit der Anwendung von Kreislaufwirtschaftsprinzipien kann die SBB Kosten senken, wichtige Ressourcen langfristig sichern und die Nachhaltigkeitsleistung des Bahnbetriebs fördern. In der Transition von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft steckt viel Potential.
Die SBB will die Kreislauffähigkeit eines Produkts oder einer Leistung in ihre Beschaffungs- und Investitionsentscheide miteinbeziehen und die Umsetzung auf folgende drei Arten erreichen:
Die Menge an neu abgebauten Primärrohstoffen soll auf ein Minimum reduziert werden. Dies wird dadurch erreicht, indem weniger Material eingesetzt wird und der Anteil an rezykliertem und/oder rasch erneuerbarem Material erhöht wird. Zudem soll auch darauf geachtet werden, dass das Material am Ende wieder rezyklierbar oder abbaubar ist.
Beispiel: Asphaltrecycling.
Die SBB ist eine Vorreiterin im Asphaltrecycling. Seit 2020 verwendet sie Recyclingasphalt (60% Anteil in unterer Tragschicht, 40% Anteil in sichtbarer Deckschicht). Gegenüber einem Perron aus Frischasphalt kann die SBB so die Umweltbelastung um einen Viertel senken.
Beispiel: Kreislauffähiger Neubau der Bahntechnikgebäude.
Die Standard-Bahntechnikgebäude der SBB werden in Zukunft aus Holzelementen modular gebaut. Die Fassade wird aus vorgehängten Holzelementen bestehen und optional aus Photovoltaik-Modulen. Auch der Dachbereich steht für eine Photovoltaik-Anlage zur Verfügung. Diese Art von Gebäuden erhitzen sich weniger stark als herkömmliche Gebäude aus Beton. Folglich müssen die elektronischen Anlagen im Gebäude weniger gekühlt werden, was den Energiekonsum reduziert. Am Ende der Lebensdauer kann das Gebäude materialgetrennt in seine Einzelteile zerlegt werden, damit die Kriterien der Kreislauffähigkeit eingehalten werden.
Assets sollen länger und intensiver genutzt werden. Diese Effizienzsteigerung führt dazu, dass weniger Material und Produkte für dieselbe Leistung eingesetzt werden. Dadurch werden Material, Energie und Kosten eingespart.
Beispiel: Sanierung Zugwagons.
Die Sanierung der Zugwagen Typ EW IV umfasst den Schutz der Wagenkasten und Böden vor Korrosionsschäden sowie die Aufwertung des Fahrgastraums. Der Einsatz im SBB-Fernverkehr ist bis in die 2030er-Jahre vorgesehen und hält die Wagen so länger im Kreislauf.
Am Ende der Nutzungsdauer von Produkten sollen die Materialien möglichst in Kreisläufen gehalten werden, was Abfälle und das Bedürfnis nach neuen Primärrohstoffen verhindert.
Die SBB plant in Zusammenarbeit mit der Spross Debag den Bau einer Betonmischanlage auf einem Rangiergleis mitten in Zürich. Dorthin sollen mineralische Abfälle wie Bauschutt und Rückbaumaterialien transportiert und zu Recycling-Beton verarbeitet werden. Dieses sogenannte «Urban Mining» optimiert den Materialfluss von Baustoffen und es entsteht weniger Abfall. Durch die Verbindung von Verkehr, Herstellung, Standort und Verteilung entsteht eine sinnhafte und nachhaltige Anlage.
Beispiel: Strategische Partnerschaft mit Madaster.
Seit 2019 ist die SBB strategischer Partner von Madaster Schweiz. Madaster baut einen Online-Materialkataster für Gebäude und Infrastrukturen auf. So schafft Madaster Transparenz und fördert die Kreislauffähigkeit von Bauten und Anlagen, indem die Wiederverwendung und der Werterhalt der Materialien gesichert werden kann. Aus den Materialien von alten Gebäuden können so neue entstehen.